Für einen guten Freund sollte ich insgesamt 4 möglichst kleine Lautsprecher bauen, die ohne Subwoofer auskommen und in seiner Werkstatt auch mal die eine oder andere Geburtstagsfeier beschallen
können. Keine leichte Aufgabe, denn das sind eigentlich Attribute, die sich gegenseitig in die Quere kommen.
Ein Lautsprecher, der diese Eigenschaften dennoch sehr gut unter einen Hut bekommt, ist unsere Winter Blues. Allerdings waren die
9 Liter eigentlich schon ein wenig zu viel für den Auftraggeber.
Doch zum Glück kann man den Faital 5FE125, also das 8 Ohn Pendant vom TMT der Winter Blues, auch in etwas weniger Volumen betreiben, ohne auf allzu viel Tiefgang verzichten zu
müssen. Die daraus resultierende, leichte Betonung des oberen Bassbereichs sehe ich für solch kleine Lautsprecher nicht kritisch. Sie gaukelt dem Ohr etwas mehr Tiefgang vor, als eigentlich
übertragen wird und das kommt unserem Projekt sogar etwas entgegen.
Simulation Faital 5FE125 in 5,8 Litern BR
Nun galt es noch einen passenden Spielpartner zu finden. Natürlich hätte ich auch hier die Kalotte der WB verwenden können, aber eine solch dreiste Kopie würde der Entwicklerehre entgegenstehen.
Fündig wurde ich schließlich bei TLHP mit dem damals sehr günstigen Peerless H25TG05-04. Für gerade mal
16€ gab es dort diesen extrem lauten Titan-Kalottenhochtöner mit kurzem Horn. Im fürs Ohr wichtigen Bereich zwischen 2 und 10kHz macht der HT laut Datenblatt einen sehr brauchbaren
Eindruck.
Wenige Tage später waren die Chassis da und ein Testgehäuse aus einfacher Spanplatte stand bereit, um erste Messungen zu machen. Der Hochtöner verhielt sich darin in etwa so, wie es das
Datenblatt vorher gesagt hatte:
Messung H25TG05-04 im Testgehäuse
Doch beim TMT sah die Messung sehr ernüchternd aus:
Messung 5FE125 im Testgehäuse
Was war da los?
Da die Lautsprecher später an der Wand aufgehängt werden sollen, hatte ich beim Testgehäuse den BR-Kanal auf die Front gesetzt. Die Störungen im Mittelton, die ein Reflexkanal bei einem 2-Weger immer mit abstrahlt, spucken hier gewaltig in die Suppe und vereiteln einen brauchbaren Frequenzgang.
Das ist einmal mehr ein Beleg dafür, dass solche Ports bei 2-Wegern auf der Front nichts zu suchen haben. Das wird umso klarer, wenn man sich zum Vergleich die Messung der 4 Ohm Version des TMT
in der Winter Blues ansieht:
Messung 5FE100 in Winter Blues
Kurze Zeit später stand unser 17. DAU-Treffen an und dank eines neuen Testgehäuses konnten wir dort die finale Abstimmung der Rayo angehen. Doch plötzlich war über Nacht der Bestand der Hochtöner bei TLHP von weit über 100 auf Null gesunken. Und da Peerless nur noch bei einer Bestellung von großen Stückzahlen produziert, stand die Veröffentlichung dieses Projekts für die Selbstbauszene auf der Kippe. Zum Glück hat sich inzwischen ein anderer Händler gefunden, der die Kalotten ins Programm aufgenommen hat, also konnte es weiter gehen.
Die Chassismessungen waren nach wenigen Minuten im Kasten und so konnten wir ganz bequem nach dem Import in Vituixcad auf der Couch an der Weichenabstimmung tüfteln.
An dieser Stelle noch einmal ein großes Dankeschön an Alex und die anderen DAUler, die bei solchen Projekten immer mit Rat und Tat zur Seite stehen, auch wenn man sich mal verrannt hat.
Nachdem wir die für uns beste Schaltung gefunden hatten, ging es zurück in den Messkeller um die Weiche zu stecken und anschließend unseren bewährten Teststücken zu lauschen.
Simulation Rayo im finalen Gehäuse (Six Pack)
Die messtechnische Überprüfung unserer Simulation zeigte einmal mehr, wie gut Vituixcad funktioniert:
Rayo Winkelmessungen
Beim Hörtest stellte sich dann heraus, dass kritische Frauenstimmen noch einen Hauch zu vordergründig waren. Nach dem Tausch eines einzelnen Widerstandes war auch dieser kleine Makel
ausgemerzt.
Natürlich ist das nicht die beste und linearste Box der Welt, aber die Achsmessung ist doch erstaunlich ausgewogen und der Aufwand bei der Weiche hält sich erfreulicherweise auch in Grenzen:
Rayo Achsenmessung
Die Beschaltung der Rayo benötigt keine sonderlichen Kapriolen. Es kommen preiswerte Bauteile zum Einsatz, was die Gesamtkosten nicht unnötig in die Höhe treibt.
Rayo Weichenschaltung
Klanglich zeigt die Rayo einmal mehr, dass es keine sündhaft teuren Chassis braucht, um richtig gut Musik hören zu können. Natürlich, Tiefbass ist nicht die stärke dieser Box, aber bei handgemachter Musik ist es dennoch erstaunlich, wie wenig man die unterste Oktave vermisst. Mit einer Wand im Rücken bekommt auch eine Bassdrum richtig schön Druck und man hat Spaß daran, immer weiter aufzudrehen. Welche Pegel die Rayo bei Bedarf liefern kann, ist wirklich beeindruckend. Da machen sich die PA-Gene der Chassis auf jeden Fall bezahlt. Das bedeutet aber nicht, dass es sich hier um reine Brüllwürfel handelt. Auch die leisen Töne beherrscht die Rayo tadellos.
Zum Abschluss hier noch der Bauplan:
Rayo Bauplan
Materialstärke 18 bzw. 19mm.
Das Gehäuse wird an den Innenwänden mit Nadelfilz, Teichvlies oder Ähnlichem bedämpft.
Die Ecken vor dem Anbringen der Fasen mit einem Reststück Holz unterfüttern.
Eine Strebe sollte zwischen den Seitenwänden eingebracht werden.
Durchmesser und Einfrästiefe bitte dem Datenblatt entnehmen.
Die Weichen- und Baupläne sind für private Nutzung freigegeben. Jegliche Form der gewerblichen Nutzung oder Verbreitung ohne vorherige Absprache ist untersagt und wird strafrechtlich verfolgt.