Apica - Apis & Dynamica von HS-Sound in 20L GHP

Vor einiger Zeit entwickelte sich ein Kontakt zu Hendrik von hs-sound.de, der unter seiner eigenen Marke "Lautsprecherwerk" einige interessante Chassis im Angebot hat. Da die fernöstlichen Datenblätter sehr oft mit Vorsicht zu genießen sind, hat er mir angeboten, eine Auswahl seiner Chassis zur Verfügung zu stellen, um eigene Messungen machen zu können. Dieses Angebot habe ich sehr gerne angenommen, und so erhielt ich kurze Zeit später ein großes Paket, welches neben einigen Hörnern und Druckkammertreibern auch je einen 8" Tiefmitteltöner namens APIS sowie einen recht großen Folienhochtöner mit der Bezeichnung DYNAMICA, welche idealerweise auch gleich einen schönen 2-Weger ergeben sollten.

Dem Apis wurde dann auch gleich mittels DATS auf den Zahn gefühlt:

Die TSP liegen erfreulicherweise recht nahe an den Herstellerangaben, womit das Chassis sowohl für große Bassreflexgehäuse mit 50-80L Volumen, als auch für kompakte geschlossene Gehäuse geeignet ist. Wir entschieden uns, das Ganze in ca. 20L GHP zu testen, was eine untere Grenzfrequenz von um die 37Hz (f3) und somit für einen kompakten Lautsprecher verhältnismäßig viel Tiefgang versprach.

Ich war allerdings sehr skeptisch, ob es überhaupt sinnvoll möglich ist, diese beiden Chassis miteinander zu kombinieren. Selbst das in der Regel geschönte originale Datenblatt des Apis zeigte eine tiefe Kerbe bei 1kHz, welche es eigentlich nicht erlaubt, das Chassis bis darüber hinaus zu betreiben. Der Hochtöner dagegen fällt unter 2kHz ab und soll laut Herstellerempfehlung erst ab 3kHz eingesetzt werden. Keine wirklich guten Voraussetzungen also, und so ging ich auch wenig erwartungsvoll in die Messungen, wofür zuvor noch ein einfaches Testgehäuse gebaut wurde.

Schon die erste Messung zeigte jedoch, dass von dieser 1kHz-Kerbe kaum etwas zu sehen war:

Durch den Baffle-Step ab 400Hz wirkt die Messung auf den ersten Blick recht unruhig, aber bis zur ersten, starken Resonanz bei genau 3kHz ist das absolut brauchbar.

Der Hochtöner verhielt sich dagegen im Großen und Ganzen wie erwartet:

Da es am Gehäuse keine Fasen oder Abrundungen gab, zeigte sich um 5kHz herum eine leichte Schwäche. Mit ein wenig Feingefühl beim Abstimmen der Weiche sollte man das aber in den Griff bekommen und eine Trennung zum TMT im Bereich um 2-2,5kHz schient durchaus machbar.

Sodann wurde VituixCAD mit den Messungen gefüttert und erste Entwürfe erarbeitet. Wie erwartet, war es nicht ganz einfach, beide Chassis so zu beschalten, dass die jeweiligen Eigenheiten das Ergebnis nicht zu stark beeinflussen, aber letztendlich ist mir doch ein recht guter Kompromiss gelungen:

Die Impedanz kratzt in der Simulation bei 400Hz an der 3 Ohm Marke, der fertig aufgebaute Lautsprecher zeigte am Ende aber, dass die Impedanz nicht unter 3,5 Ohm sinkt und damit sollte die Apica für keinen Verstärker ein Problem darstellen.

Da auch der erste Hörtest mit Weichenbauteilen aus meinem Fundus vielversprechend war, konnte ich Hendrik ein positives Feedback zu unserer Idee von einem kompakten 2-Weger mit Apis und Dynamica übermitteln. Da er die Apica in Zukunft auch gerne als Bausatz in seinem Shop anbieten möchte, kam mir dann noch die Idee, dafür passende Platinen zu designen. Dafür nutzte ich EasyEDA, was nach etwas Einarbeitung recht einfach zu bedienen ist. Sicherlich könnte man das noch deutlich professioneller gestalten, aber wichtig ist, dass es funktioniert.


Hendrik gab davon, und von einem parallel laufenden, zweiten Projekt, jeweils 5 Platinen in Auftrag. Auch die dafür ausgewählten Weichenbauteile von Jantzen ließ er mir zukommen. Der Weichenbau ist damit wirklich ein Kinderspiel und alles passte wie gewünscht:

In der Zwischenzeit meldete sich mein Schwager bei mir mit der Bitte um Hilfe bei der Auswahl für neue Lautsprecher, welche seine Akai SR-H 50 ersetzen sollten. Eigentlich wollte er fertige Lautsprecher, doch die Apica passten genau zu seinen Wünschen. Also orderte ich bei hs-sound noch je einen Apis und Dynamica und fragte Hendrik, was ich ihm für die bereits bei mir vorhandenen Teile schuldig bin. Er ließ es sich jedoch nicht nehmen, mir alle Teile kostenlos zu überlassen, wofür ich mich an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken möchte.

Meinem Schwager schwebte eine Kombination aus weißem Lack und rustikaler Eiche fürs Finish der Apica vor, damit es zur Wohnzimmereinrichtung passt. Um die Kosten im Rahmen zu halten, entschieden wir uns, das Gehäuse aus beschichteten Spanplatten aufzubauen, welche wir uns von einem Online-Shop haben zuschneiden lassen. Da Zuschnitte auf Gehrung recht teuer waren, entschieden wir uns für eine stumpfe Verleimung und mit Umleimer kaschierten Schnittkanten. 


Der gesamte Zuschnitt für zwei Lautsprecher belief sich auf weniger als 100€, was angesichts der Passgenauigkeit und Qualität wirklich preiswert ist. Dank Lamellofräse war auch der Zusammenbau sehr einfach, man muss sich die Fräsungen nur vorher genau anzeichnen.

Der Hochtöner bekam noch eine eigene Kammer. Diese wäre nicht zwingend nötig, allerdings ist die Auflagefläche oben und unten an der Front so schmal, dass dies durchaus Sinn ergibt.

Mit den fertigen Gehäusen ging es dann noch einmal vors Mikro, um abschließende Messungen zu machen.

Im Mittel ist das sehr ausgewogen, nur zwei kleine Pickel bei 1 + 9kHz fallen auf. Da diese jedoch unter Winkel sehr schnell an Energie einbüßen, ist eine aufwändige Korrektur nicht nötig. Die leichte Senke um 3kHz geht auf die scharfen Gehäusekanten zurück und wird außerhalb der Achse akustisch aufgefüllt, wie man an den Winkelmessungen sehen kann:

Im Abschließenden Hörtest musste sich dann zeigen, ob die Apica auch klanglich überzeugen kann. Dazu habe ich sie im Wohnzimmer neben den Asathor aufgebaut und unseren Teststücken ausgesetzt. Dabei viel zuerst der erstaunlich tiefe und feste Bassbereich auf. Geschlossene bzw. GHP Lautsprecher spielen im Bass ja oft auf der eher schlankeren Seite, aber die Apica hat hier durchaus Power, ohne aber aufgebläht zu wirken. Das klingt eher nach Stand- denn nach Kompaktbox. Im Mittelton spielt sie unauffällig, und das im positiven Sinn. Auch kritische Stimmen werden nicht aufdringlich, gleichzeitig kommt aber auch keine Langeweile auf. Und der Hochton ist so, wie man es sich von einer Folie wünscht. Fein auflösend, klar, aber ohne Übertreibung ist einfach alles da.


Erstaunlich ist auch die Pegelfestigkeit der Apica. Selbst mein Wohnzimmer mit 40m² + 25m² offene Küche konnte ich problemlos mit Pegeln beschallen, welche man auf Dauer besser nur in freistehenden Einfamilienhäusern halten solle. Natürlich beherrscht dieser Lautsprecher aber auch die leisen Töne.


Den Kommentar meines Schwagers, nachdem die ersten Töne bei ihm spielten, kann ich hier aus Jugendschutzgründen leider nicht wörtlich zitieren. Er scheint jedenfalls mehr als nur zufrieden zu sein.

 

Abschließend hier noch der Bau- und Weichenplan:

Hendrik hat die Apica inzwischen als Bausatz in seinen Shop aufgenommen. Hier geht's gleich zur Apica.

 

Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass zwischen den Mitgliedern des DAUs und hs-sound.de keinerlei geschäftliche Beziehung besteht und wir somit am Verkauf dieses Bausatzes nicht beteiligt werden. Der Nachbau ist für private Zwecke ausdrücklich gestattet, eine kommerzielle Nutzung wird jedoch untersagt.

Falls jemand das Gehäuse genauso aufbauen möchte, gibt es hier noch eine Übersicht der einzelnen Teile, die wir bei plattenzuschnitt24.de bestellt haben. So ist gewährleistet, dass auch die Umleimer an den richtigen Kanten angebracht werden. Das Dekor ist natürlich frei wählbar:

Kommentare: 6
  • #6

    Oli (Sonntag, 23 März 2025 22:59)

    Hallo Anton,

    ich würde einen Zwischenboden einziehen. Bei 30L wäre man zwar ohne Hochpass bei einer Gehäusegüte von 0,75 und damit in einem durchaus akzeptablen Bereich, allerdings geht die Box dann nicht so tief und fällt schon unter 70Hz ganz langsam ab. Für eine Standbox etwas wenig Tiefgang.
    Der Zwischenboden hat auch den Vorteil, dass du darunter Platz für die Weiche hast und dass man sich keine Störung durch eine Stehwelle einbaut, die in Standgehäusen praktisch immer ein Problem darstellt.

    Hallo Davide,

    im Regal ist immer schwierig. Wenn die Box direkt an der Rückwand steht und evtl. sogar noch mit Büchern oder Ähnlichem seitlich zugestellt ist, verändert dies das Verhalten im Bass sehr deutlich.
    Wenn sie im Regal ringsum etwas Platz haben, sollte das aber durchaus klappen. Falls der Bass doch zu dominant ist, kann man auch den GHP-Kondensator noch nachträglich vergrößern. Dadurch reicht die Box noch etwas tiefer, büßt im Gegenzug aber ein klein wenig Pegel im Tiefton ein.

  • #5

    Davide (Sonntag, 23 März 2025 17:35)

    Kann ich erwarten, dass diese CBs im Regal gut klingen?
    Grüße

  • #4

    Anton (Samstag, 22 März 2025 19:03)

    Hallo,
    ich finde die Apica sehr interessant.
    Allerdings kann ich mich mit dem Regalformat nicht so recht anfreunden.
    Bei gleicher Breite der Schallwand und weniger Tiefe sollte doch eine kleine Standbox machbar sein, oder?
    Mit meinen Wunschmaßen läge das Innenvolumen aber dann schon bei ca. 27-30 Litern. Muss ich in dem Fall mit Nachteilen bei der Wiedergabe des Tieftones rechnen, oder ist das hier zu vernachlässigen?
    Anderenfalls könnte ich natürlich auch einen Zwischenboden einziehen, um auf das Original-Volumen zu kommen.

  • #3

    Der Schwager (Samstag, 22 März 2025 08:09)

    Ich bin der glückliche Schwager, für den Oli die Apica gebaut hat. Obwohl ich mich nicht unbedingt als audiophil bezeichnen würde, liebe ich doch den satten Klang meiner neuen Lautsprecher.
    Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass au so kleinen Dingern so ein geiler Sound kommen kann, aber in der Hinsicht vertraue ich ihm total. Und was soll ich sagen, ich wurde nicht enttäuscht!
    Einen Wermutstropfen hat die ganze Sache jedoch. Ich muss die beiden Babys für ein Wochenende entbehren. Da möchte Oli sie seinen Jungs vorstellen.
    An dieser Stelle vielen Dank an alle Beteiligten und für alle, die mit dem Gedanken spielen die Apica nachzubauen - tut es! Geiler Scheiss!!!

  • #2

    OIi (Freitag, 21 März 2025 20:18)

    Hallo Fab,
    Eine Fase habe ich nicht getestet, weil ich mit dem Ergebnis ohne Fase sehr zufrieden bin und den Aufbau möglichst einfach halten wollte.
    Meist ist eine Fase nützlich, allerdings nicht immer, wie Alex in seinem Artikel schön beschreibt:
    https://www.donhighend.de/?page_id=7186
    Man kann es ohne nachzumessen also nicht seriös beantworten.

  • #1

    Fab (Donnerstag, 20 März 2025 19:43)

    Würde sich eine Fase positiv auswirken, und hat man sie aufgrund des einfacheren Aufbaus weggelassen, oder kann man das so nicht sagen?

Shops rund um das Hobby

  • Blitzsauberen Support für DIYler und interessantes HiFi-Material bietet im neuen Quint Store das Team um Nico Germanos
  • Sica Chassis zu deutlich günstigeren Preisen als bei deutschen Händlern gibt es bei Jukebox-Revival in den Niederlanden
  • Breit gefächtertes Angebot an Chassis, etc:  Lautsprechershop.de
  • Bauteile für Weichen findet man ebenso im Quint Store
  • große Auswahl an Chassis und günstige Preise in Frankreich (manchmal längere Lieferzeiten aber absolut seriös): TLHP
  • Chassis, Weichenteile und öfters mal Angebote bei Intertechnik

Links

  • donhighend.de: Alex baut seit einer gefühlten Ewigkeit Lautsprecher und teilt sein Wissen über seine Site / D.A.U. Mitglied
  • www.gazza-diy-audio.de: relativ neu in der Szene, daher noch wenige aber überzeugende Projekte / D.A.U. Mitglied
  • Roul-DIY: Newcomer in der Entwickler Szene / D.A.U. Mitglied
  • Hilfe, Chassistest, Grundlagenartikel und vieles mehr sind bei HSB zu finden. Abo ist nicht zwingend, aber es lohnt sich, im Abo den vollen Zugriff auf die Artikel und die Software zu haben!
  • nützliche kostenlose Software zum Download: Tolvan